KI unterstützt bei schneller Auswertung von Drohnenbildern

Bei einer Katastrophe, egal ob Hochwasser, Erdbeben oder Hurrikan, zählt jede Sekunde, um Notleidende mit humanitärer Hilfe versorgen. Die Einsatzteams von Hilfsorganisationen stehen dabei unter immensem Zeitdruck, sich in zerstörten Gebieten zurechtfinden. Ein Team des Fraunhofer-Instituts für Techno- und Wirtschaftsmathematik ITWM in Kaiserslautern entwickelt eine Software, die humanitäre Hilfe schneller an das richtige Ziel bringt. Sie nutzen dafür Drohnenbilder, die in Echtzeit mit Künstlicher Intelligenz (KI) ausgewertet werden. Wenn Ersthelfer nach einer Katastrophe eintreffen, sind Straßen oft unpassierbar und viele Menschen entweder auf der Flucht oder in ihrer zerstörten Umgebung gefangen. Um das Ausmaß der Katastrophe, die Anzahl der Hilfsbedürftigen und mögliche Rettungswege einzuschätzen, nutzen Notfallteams oft Satellitenbilder. Bis diese verfügbar und ausgewertet sind, vergeht aber wertvolle Zeit. Darum kann es passieren, dass Hilfsgüter versehentlich in fast unbewohnte Regionen geschickt werden, während an anderen Orten Menschen vergeblich auf lebensrettende Hilfe warten.

Schnelle Datenauswertung mit KI-Algorithmen

Manche Hilfsorganisationen, wie z.B. das World Food Programme (WFP) der Vereinten Nationen, setzen deshalb unbemannte Drohnen ein, die Luftbilder vom Krisengebiet erstellen. Die Ersthelfer sichten anschließend Hunderte von Einzelbildern und fügen sie zu einem Gesamtbild zusammen – das dauert Stunden; so vergeht wertvolle Zeit, bis die Rettungsteams samt Ausrüstung und Hilfsgütern an ihren Bestimmungsort gelangen. Spezialgebiet der Abteilung »Bildverarbeitung« des Fraunhofer ITWM sind Algorithmen für die Verarbeitung von Oberflächenbildern; diese Expertise hilft den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern nun, den Auswerteprozess der Drohnenbilder zu beschleunigen, wie Abteilungsleiter Markus Rauhut erläutert: »Wir entwickeln eine Software, die mit Künstlicher Intelligenz die Drohnenaufnahmen automatisch und in Echtzeit zusammensetzt und auswertet. Sie heißt EDDA (Effiziente Humanitäre Hilfe durch Intelligente Bildanalyse), funktioniert ohne Internetanschluss und kann auf handelsüblichen Notebooks verwendet werden. Deshalb läuft das Tool auch in zerstörten Gebieten ohne Infrastruktur«, so Rauhut weiter. »Grundlage für die vollautomatische Analyse ist die Kombination von Bildverarbeitungs- und Deep- Learning-Algorithmen, die wir hier am Fraunhofer ITWM entwickeln.«

Training mit Satellitenaufnahmen

Damit die Künstliche Intelligenz den selbstständigen Lernprozess aufnimmt, wird sie mit Daten »angefüttert«. Dafür können Forscher auf Satellitenaufnahmen aus Mozambique oder Kroatien zurückgreifen, wo Helfer nach einem Erdbeben im Einsatz waren. Diese Bilder werden »annotiert«, also mit Informationen über den Zustand von Gebäuden oder Straßen versehen und anschließend in das Neuronale Netz der Software eingespeist. Damit startet das Training in Krisengebieten: »Mit den aufbereiteten Daten und Deep-Learning-Algorithmen beginnt EDDA nämlich, neu aufgenommene Bilddaten selbstständig zu erfassen und zu analysieren. Durch das wiederholte Verknüpfen wird sie also mit der Zeit immer besser – wir begleiten das Training, bis sie gut genug ist, um im Ernstfall zu helfen«, so Markus Rauhut. Aktuell arbeiten er und sein Team an der Benutzeroberfläche, damit die Software auch dann intuitiv bedient werden kann, wenn die Notfallteams im Einsatz unter großem Druck stehen. Deren Rückmeldungen fließen in die Optimierung ein. Ende 2021 soll EDDA verlässliche Auskunft über den Zustand der Gebäude in einem Katastrophengebiet geben. 2022 werden zudem Aussagen über Straßen und Brücken möglich sein. Nicht zuletzt wegen der Flut im Ahrtal planen die Forscher, auch Wasserpegel zu erfassen – diese lassen nämlich auf die Befahrbarkeit von Straßen im betroffenen Gebiet schließen. Die Bilderkennungs-Software EDDA kann für Hilfsorganisationen also eine rasche und fundierte Entscheidungshilfe sein, um humanitäre Hilfe schneller ans Ziel zu bringen und den Wiederaufbau stabiler Infrastrukturen zu beschleunigen. Die Fraunhofer Stiftung unterstützt das Projekt, mit dem kein Geld verdient werden soll. Notfallteams nutzen EDDA unentgeltlich. Um den Prototypen der Software im Ernstfall zu testen, benötigen die Kaiserslauterer Forscher allerdings noch weiteren Input und freuen sich über Bilddaten von Hilfsorganisationen.


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