Sehr gemischt fällt die Bewertung des VATM der gerade veröffentlichten Förderrichtlinie zur „Unterstützung des Gigabitausbaus der Telekommunikationsnetze“ in Deutschland aus. So bleibt weiterhin offen, wie schnelle Hilfe in Corona-Zeiten auch dort hinkommen soll, wo morgen die Bagger noch nicht rollen, aber die Versorgung gerade einzelner Häuser besonders schlecht ist. Auch eine Priorisierung der noch vielen weiterhin unversorgten weißen Flecken gibt es nicht, obwohl nachdrücklich vom VATM gefordert. Alle Gebiete mit einer Versorgung von bis zu 100 Mbit/s gleichermaßen zu fördern, ist aus Sicht des VATM nicht nachvollziehbar. Zudem wäre eine unbürokratische Vollförderung durch die Bundesregierung für besonders kleine Projekte sinnvoll gewesen, um die Kommunen zu entlasten“, sagt VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner.
Stattdessen sollen die Unternehmen bei millionenschweren Förderprojekten für den Anschluss tausender Haushalte neuerdings schon bei 500 Euro Mehreinnahmen oder Minderausgaben zu extrem aufwändigen nachträglichen Abrechnungen gezwungen werden und dies, obwohl Brüssel diesen zusätzlichen Bürokratieaufwand nicht fordert. Auch wird noch immer nicht wirklich untersucht, ob ein eigenwirtschaftlicher Ausbau in einem Gebiet möglich wäre. Fehlende Ausbauzusagen sind eben kein sicheres Indiz für Unwirtschaftlichkeit und damit für Förderung, sondern oft den begrenzten Baukapazitäten geschuldet. „Auch hier gilt: Unstrukturierte Förderung schadet dem eigenwirtschaftlichen Ausbau und kostet nicht nur viel Fördergeld, sondern ist schlicht ineffizient und überflüssig“, so Grützner.
Mit einer neuen Regelung zu sogenannten „schwer erschließbaren Einzellagen“ (Anschluss mehr als 400 Trassenmeter vom letzten Anschlusspunkt entfernt) geht die Förderrichtlinie an die Grenzen des Machbaren. „Mit der Intention, schon im ersten Ausbauschritt auch weit entlegene Einzelhaushalte direkt mit Glasfaser anzuschließen, wird der Gesamtausbau deutlich verzögert“, warnt der VATM-Geschäftsführer. Gerade hier wäre schnelle übergangsweise Hilfe ganz besonders wichtig für die Bürgerinnen und Bürger gewesen.
„Die Politik muss den Menschen und den Bürgermeistern ehrlich sagen, dass wir nicht ganz Deutschland und alle Straßen gleichzeitig aufgraben können. Nicht alle können und werden die Ersten sein. Eine sinnvolle Planung und eine strukturierte Ausbau- und Förderstrategie sind daher ebenso wichtig und Aufgabe der Politik wie der Abbau bürokratischer Hürden. Statt technisch nicht umsetzbarer Rechtsansprüche und erheblichem zusätzlichen Bürokratieaufbau in der Förderung, aber auch im gerade beschlossenen neuen Telekommunikationsmodernisierungsgesetz brauchen wir von der Politik ein kluges Erwartungsmanagement, schnelle und ehrliche Übergangslösungen für Homeschooling und Homeoffice sowie mehr Offenheit für den Abbau von Bürokratie und effizientere Verlegetechnologien“, betont Grützner.
Zusätzlichen Abstimmungsbedarf und Bürokratieaufwand lässt eine weitere Entscheidung der Bundesregierung erwarten, die nun die Zuständigkeit für die Förderung grauer Flecken nicht mehr auf einen, sondern auf zwei selbstständige Projektträger bundeslandweise aufgeteilt hat. Für die Ausschreibung und Begleitung der Förderprojekte entsteht nun ein bundesweiter Flickenteppich der Zuständigkeiten. „Ein abgestimmtes Vorgehen und einheitliche Prozesse für die Unternehmen sind für einen effizienten Gigabitausbau aber unerlässlich“, kritisiert der VATM-Geschäftsführer: „Wir erwarten hier Aufklärung und zügige Informationsveranstaltungen zum einheitlichen Vorgehen im Rahmen des neuen Förderprogramms.“