Nächste Woche am Mittwoch (11. Mai) wird die EU-Kommission einen EU-Gesetzentwurf zur verpflichtenden Chatkontrolle erstmals öffentlich vorstellen. Ähnlich wie bei Apples höchst umstrittenen „SpyPhone“-Plänen will die Kommission im Kampf gegen „Kinderpornografie“ alle Anbieter von E-Mail-, Chat- und Nachrichtendiensten verpflichten, vollautomatisiert nach verdächtigen Nachrichten zu suchen und diese an die Polizei weiterzuleiten, indem sie die Kommunikation aller Bürgerinnen und Bürger massenhaft überwachen und scannen müssen – auch wenn diese bisher noch sicher Ende-zu-Ende verschlüsselt ist.
Der Europaabgeordnete und Bürgerrechtler Dr. Patrick Breyer (Piratenpartei) kommentiert: „Dieser Ausspäh-Angriff auf unsere Privatnachrichten und Fotos durch fehleranfällige Algorithmen ist ein Riesenschritt in Richtung eines Überwachungsstaates nach chinesischem Vorbild. Wird der nächste Schritt sein, dass die Post alle Briefe öffnet und scannt? Organisierte Kinderporno-Ringe benutzen keine E-Mails oder Messengerdienste, sondern Darknetforen. Mit ihren Plänen zum Brechen sicherer Verschlüsselung setzt die EU-Kommission aus kurzfristigen Überwachungswünschen heraus die allgemeine Sicherheit unserer privaten Kommunikation und öffentlicher Netze, Geschäftsgeheimnisse und Staatsgeheimnisse aufs Spiel. Ausländischen Geheimdiensten und Hackern Tür und Tor zu öffnen, ist völlig unverantwortlich. Um die Chatkontrolle zu stoppen, muss die Netzgemeinde wie gegen Zensursula auf die Barrikaden gehen!“
Im März hatten 35 Organisationen weltweit, darunter der Deutsche Anwaltverein, die Digitale Gesellschaft und das Komitee zum Schutz von Journalisten (CPJ), vor dem EU-Gesetz zur Chatkontrolle gewarnt. In einem Gutachten stellte eine ehemalige EuGH-Richterin im vergangenen Jahr fest, dass sich die flächendeckende Durchleuchtung privater Kommunikation nicht mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs vereinbaren lässt. Laut einer Umfrage lehnen 72 % der Bürgerinnen und Bürger die verdachtslose Durchleuchtung ihrer privaten Kommunikation und Bilder ab. Im deutschen Koalitionsvertrag heißt es zur Chatkontrolle: „Maßnahmen zum Scannen privater Kommunikation … lehnen wir ab.“