Drei Studien im Auftrag der WHO: Keine Hinweise zu Gesundheitsrisiken durch Handynutzung

Macht Handystrahlung krank? Um diese Frage, basierend auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft, beantworten zu können, wurden von der Weltgesundheitsorganisation WHO mehrere große Übersichtsarbeiten in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse von drei der systematischen Analysen, die mit Beteiligung des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) entstanden sind, sprechen gegen ein erhöhtes Gesundheitsrisiko durch Mobilfunknutzung.

Weder für Krebs noch Sauerstoffstress in Zellen oder sinkende Leistungsfähigkeit des Gehirns lassen sich in den drei umfassenden Literaturstudien belastbare Hinweise für Handystrahlung als deren Auslöser finden. Das BfS war bei zwei dieser systematischen Reviews die federführende Forschungseinrichtung.

Für jede dieser Übersichtsarbeiten wurden mehrere tausend Studien der vergangenen Jahrzehnte zu hochfrequenten elektromagnetischen Feldern und Gesundheit gesichtet und auf ihre Qualität nach festgelegten Standards überprüft. Die Literaturstudien sind Teil einer umfangreichen Neubewertung des Risikos von hochfrequenten elektromagnetischen Feldern (HF-EMF) durch die WHO. Diese Felder werden genutzt, um Informationen zu übertragen – etwa beim Einsatz von Mobiltelefonen. Die bislang letzte umfassende Bewertung möglicher Gesundheitsrisiken durch die hochfrequenten Felder war 1993 erschienen. Für die Neuauflage wurden von der WHO zehn systematische Reviews an internationale Forschungseinrichtungen vergeben.

Die Präsidentin des BfS, Inge Paulini, sagt: „Die neuen Studien sind die bisher umfassendsten Analysen zu drei von zehn zentralen Fragestellungen der WHO zu elektromagnetischen Feldern. Die Frage, ob Handynutzung bei Menschen das Risiko erhöht, an Krebs am Kopf zu erkranken oder unter kognitivem Leistungsabfall zu leiden, kann jetzt mit hoher Wahrscheinlichkeit mit Nein beantwortet werden. Auch für den immer wieder diskutierten Einfluss von Handystrahlung auf den sogenannten oxidativen Stress ergeben sich aus der wissenschaftlichen Literatur keine belastbaren Hinweise.“

Eine besonders stark beachtete Publikation untersuchte den Zusammenhang zwischen elektromagnetischen Feldern und dem Krebsrisiko in Beobachtungsstudien am Menschen. Für die Studie wurden rund 5.000 Studien aus den vergangenen Jahrzehnten gesichtet und daraus – nach vorher festgelegten und veröffentlichten Kriterien – 63 Studien ausgewählt.

Die Ergebnisse der systematischen Analyse dieser Studien sprechen gegen ein erhöhtes Risiko für Tumoren des Kopfes durch die Nutzung von Mobiltelefonen. Zu den untersuchten Tumorarten gehören Gliome, Meningeome, Akustikusneurinome, Hypophysentumoren und Speicheldrüsentumoren bei Erwachsenen und auch Hirntumoren bei Kindern. Auch für die Felder von Schnurlostelefonen und Sendemasten ergaben sich keine Zusammenhänge mit einem erhöhten Krebsrisiko. Die Studienergebnisse decken sich mit Zeitreihenanalysen und wurden durch weitere sogenannte Sensitivitätsanalysen gestützt.

BfS-Mitautor Dr. Dan Baaken sagt: „Bei dieser Studie handelt es sich um die bisher umfassendste Analyse zu dieser Fragestellung. Auf Basis dieser sehr guten und umfassenden Daten kommen wir zu dem Schluss, dass wir keinen Zusammenhang zwischen der Nutzung von Mobiltelefonen und einem erhöhten Risiko für Krebserkrankungen, insbesondere Hirntumoren, sehen.“ Die Autorinnen und Autoren dieser Studie arbeiten aktuell an einer weiteren Metastudie, in der sie das Risiko für andere Krebserkrankungen wie Leukämie, Non-Hodgkin-Lymphom oder Schilddrüsenkrebs untersuchen. Die Publikation dazu wird voraussichtlich Anfang 2025 erscheinen.

Eine weitere Studie unter Leitung des BfS untersuchte einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Ausgesetztsein (Exposition) gegenüber hochfrequenten elektromagnetischen Feldern und Biomarkern des oxidativen Stresses. Mit oxidativem Stress bezeichnet man ein Ungleichgewicht zwischen oxidativen und reduzierenden Prozessen in Körperzellen. Oxidativer Stress wird etwa mit Entzündungen oder Herzkreislaufkrankheiten in Verbindung gebracht. Biomarker für das Vorliegen oxidativen Stresses sind zum Beispiel bestimmte Veränderungen an Proteinen oder der DNA.

Insgesamt wurden über 12.000 experimentelle Tier- und Zellkulturstudien gesichtet. 56 Studien, die in den Jahren 2008 bis 2023 erschienen, konnten in die Analyse aufgenommen werden. Die Ergebnisse zeigen, dass sich aus der weltweiten Studienlage bisher kein belastbarer Hinweis für einen Zusammenhang zwischen den hochfrequenten Feldern und oxidativem Zellstress ergibt.

Der leitende Studienautor Dr. Felix Meyer vom BfS sagt: „Im Rahmen unserer Untersuchung fiel auf, dass die Studienergebnisse sehr uneinheitlich waren und die Mehrzahl der Studien teils schwere methodische Mängel aufwies. Das Vertrauen in die Evidenz, die sich aus den in die Untersuchung eingeschlossenen Studien ergibt, ist noch gering; der Bedarf an qualitativ hochwertigen Studien dagegen ist hoch.“ Bei dieser Untersuchung handelt es sich um die bisher erste Arbeit, die einen Zusammenhang zwischen hochfrequenten elektromagnetischen Feldern und Einflüssen auf Biomarker von oxidativem Stress systematisch analysiert.

Eine dritte Studie, die ebenfalls unter der Leitung des BfS entstand, analysierte wissenschaftliche Literatur zu experimentellen Studien am Menschen zu elektromagnetischen Feldern und kognitiver Leistungsfähigkeit. Hierzu wurden etwa 23.000 Arbeiten gesichtet. Davon flossen 76 Studien in die Bewertung ein, die einen Einfluss dieser Felder etwa auf Reaktionsgeschwindigkeit, Aufmerksamkeit, Gedächtnis oder Wahrnehmung untersuchten. Autorin Dr. Blanka Pophof vom BfS sagt: „Insgesamt ist die Datenlage in diesem Bereich recht deutlich und lässt den Schluss zu, dass kein negativer Einfluss von hochfrequenten Felden auf die kognitiven Fähigkeiten zu erwarten ist, wenn die geltenden Grenzwerte eingehalten werden.“

Für den Strahlenschutz haben diese Ergebnisse aus den drei Übersichtsarbeiten große Relevanz. Denn sie bilden die Basis für die Bewertung möglicher Risiken im Zusammenhang mit hochfrequenten elektromagnetischen Feldern. Außerdem zeigen Sie auf, ob und in welchen Bereichen noch Forschungsbedarf besteht. Eine Gesamtpublikation der Ergebnisse durch die WHO wird für 2025 erwartet.


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